Nach einer aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) besteht eine Hinweispflicht eines Steuerberaters, wenn dieser mit der Erstellung eines Jahresabschlusses beauftragt wurde und er auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten hätte erkennen können, dass Gründe vorliegen, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können.
Wie der BGH darüber hinaus klarstellt, scheidet eine Bilanzierung einer insolventen Gesellschaft nach Fortführungswerten aus, wenn innerhalb des Prognosezeitraums damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, im Eröffnungsverfahren oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird.
Die vorliegende Rechtsprechung stellt damit eine deutliche Verschärfung der Pflichten des Steuerberaters dar. Wenn eine Gesellschaft in der Vergangenheit keine Gewinne erwirtschaftet hat und nicht leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann sowie eine bilanzielle Überschuldung droht oder bereits schon eingetreten ist, besteht angesichts der daraus folgenden Insolvenzgefährdung zunächst keine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens fortführen lässt. Mit dieser Rechtsprechung stärkt der BGH somit den Grundsatz der Bilanzwahrheit.
Der beauftragte Steuerberater hat somit die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.
Verletzt der Steuerberater seine Pflicht zur Erstellung eines objektiv richtigen Jahresabschlusses oder die Pflicht, auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht hinzuweisen, kommt die Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden in Betracht, wenn die Gesellschaft ohne die Pflichtverletzung früher Insolvenz angemeldet hätte.
Die Rechtsanwälte von Raap & Partner beraten fortlaufend Steuerberater und deren Mandanten in insolvenzrechtlichen Fragestellungen sowie in Haftungsfragen.