Der Bundesgerichtshof hat bezüglich einer Inanspruchnahme einer D&O-Versicherung (Directors & Officers-Versicherung) zugunsten eines Geschäftsführers einer in Insolvenz gefallenen GmbH eine wichtige Entscheidung zur Anspruchsberechtigung gefällt.
Sachverhalt
Der Geschäftsführer machte als Kläger gegen die Versicherung als Beklagte Ansprüche aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter und leitende Angestellte geltend. Der Versicherung lagen die Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und leitenden Angestellten („ULLA“) zugrunde. Gemäß Ziff. 9.1 ULLA konnte der Anspruch auf Versicherungsschutz nur durch die versicherten Personen geltend gemacht werden. Der Kläger wurde als ehemaliger GmbH-Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin vom Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH wegen behaupteter Pflichtverletzungen gerichtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Geschäftsführer begehrt von der Versicherung Deckungsschutz für die Abwehr der Schadensersatzansprüche sowie gegebenenfalls Freistellung von diesen. Die Beklagte mahnte bei der Versicherungsnehmerin Anfang 2011 rückständige Versicherungsprämien an und kündigte nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH als Versicherungsnehmerin den Versicherungsvertrag wegen Zahlungsverzugs. 2014 machte der Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche gegen den Kläger geltend und forderte auch die Beklagte zur Zahlung auf.
Das Landgericht gab der Klage teilweise statt. Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Berufung des Klägers zurück und wies auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt als derzeit unbegründet ab. Es könne dahinstehen, ob die Versicherungsnehmerin sich in Prämienverzug befunden und die Beklagte daher leistungsfrei sei. Der Versicherungsfall, der in der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Insolvenzverwalter liege, falle nicht in einen Zeitraum, in dem die Versicherungsnehmerin die von ihr geschuldete Leistung bereits erbracht habe. Der Insolvenzverwalter habe bislang nicht von seinem Wahlrecht nach § 103 InsO, ob Erfüllung des Versicherungsvertrages verlangt werde, Gebrauch gemacht. Auf die Revision des Klägers und des ihm als Streithelfer beigetretenen Insolvenzverwalters hob der BGH das OLG-Urteil auf und verwies die Sache an das OLG zurück.
Anspruchsberechtigung des Geschäftsführers in diesem Fall gegeben
Der BGH entschied, dass der klagende Geschäftsführer doch einen Anspruch auf Versicherungsschutz geltend machen könne. Es handle sich hier um eine Versicherung für fremde Rechnung nach §§ 43 ff. VVG, bei der der Kläger versicherte Person sei. Die gesetzliche Regelung der §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 VVG, wonach nur der Versicherungsnehmer die Rechte aus dem Versicherungsvertrag und damit auch den Anspruch auf Versicherungsschutz geltend machen könne, sei durch Ziff. 9.1. ULLA abbedungen. Dies habe zur Folge, dass es für die Verfügungsbefugnis nur auf die Person des versicherten Klägers ankomme, der zugleich auch der materiell Berechtigte nach § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG sei. Da sich der Kläger nicht in Insolvenz befinde, sei die vom OLG in den Mittelpunkt seiner Entscheidung gestellte Frage, ob der Insolvenzverwalter Erfüllung gemäß § 103 Abs. 1 InsO gewählt hat oder nicht, von vornherein nicht streitentscheidend. Die Sache sei daher an das OLG zurückzuverweisen, das dann die erforderlichen Feststellungen zur Sache selbst zu treffen habe.
Deckungsanspruch aber insgesamt noch offen
Offen ist aber noch die Frage, wann hier der Versicherungsfall eingetreten ist und ob der Versicherer wegen Zahlungsverzugs leistungsfrei ist. Dieses wird das Oberlandesgericht noch entscheiden müssen. Ob somit der Geschäftsführer einen Anspruch gegen die D&O-Versicherung hat, wird der Ausgang des Rechtsstreites noch zeigen.
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